Abschluss-Pressemitteilung von Nyéléni Europe

+++ Pan-Europäisches Forum in Rumänien kommt zum Abschluss: Die Ernährungssouveränitätsbewegung auf dem Vormarsch in Osteuropa +++

Eine Auswahl der besten Fotos der Woche ist hier verfügbar: https://www.flickr.com/photos/nyelenieurope/albums/72157674492450151

Cluj-Napoca, 31. Oktober
Der Kampf gegen industrielle Landwirtschaft und für eine gerechte und nachhaltige Zukunft kleinbäuerlicher Landwirtschaft hat diese Woche einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nun findet das bisher größte Europäische Forum für Ernährungssouveränität seinen Abschluss. [1]

Nach fünf Tagen voller Diskussionen wurde das Fundament gelegt, um uns unsere Lebensmittelsysteme zurückzunehmen, sie zu relokalisieren und Ernährungssouveränitäts-Plattformen über den gesamten Kontinent hinweg zu vervielfältigen. Das geschah mit Teilnehmer*innen aus mehr als 40 Ländern, die sich beim zweiten Europäischen Nyéléni Forum für Ernährungssouveränität getroffen haben. Präsent waren eine große Vielfalt von Menschen, die Teil des Ernährungssystems sind: darunter Bäuer*innen, Arbeiter*innen aus der Landwirtschaft und dem Lebensmittelbereich, Gewerkschafter*innen, Forscher*innen, Aktivist*innen, Fischer*innen, Hirt*innen, Indigene Gruppen, Konsument*innen, und Verfechter*innen der Menschenrechte.
Eine große Leistung des Forums bestand in der gegenseitigen Annäherung zwischen Osteuropäischen und Zentralasiatischen Organisationen mit den Westeuropäischen Gegenübern.

Ramona Duminicioiu von Eco Ruralis, der Rumänischen Gastgeberorganisation, sagt: “Die meisten Länder in Osteuropa sind wie Rumänien: sie haben eine große und dynamische, aber gleichzeitig verletzliche Kleinbäuer*innenpopulation, die von Land Grabbing und billigen Landinvestitionen aus globalem Kapital bedroht ist. Während dieser Woche haben wir den kollektiven Kampf begonnen und die Koordination der Ernährungssouveränitätsbewegung in Westeuropa gestärkt. Wenn die Bewegung in Osteuropa und Zentralasien stark ist, ist sie auch in Europa als Ganzes stark.”

Die Annäherung in Cluj-Napoca hat zur Entstehung gemeinsamer Pläne für Ernährung und Landwirtschaft geführt, in denen agrarökologische Landwirtschaftsmodelle gefördert werden sollen.

Jocelyn Parot, Generalsekretär von Urgenci, sagt: „Millionen von Konsument*innen in Europa unterstützen alternative Landwirtschaftsmodelle, die auf Agrarökologie basieren: sie vereinigen sich mit Kleinbäuer*innen im Kampf um demokratische Kontrolle über Nahrungsketten. Sie fordern eine Veränderung der staatlichen Politik, welche ihre Initiativen unterstützen sollte, anstatt auf destruktive, kommerzielle Gebote zu drängen. Dieses Forum war ein wichtiger Schritt für Verbraucherorganisationen, um Strategien innerhalb der Ernährungssouveränitätsbewegung zu entwickeln.”

Um die zerstörerische Ausbeutung durch industrielle Lebensmittelsysteme zu Fall zu bringen, wurden vom Forum mehrere Schlüsselaktionen entwickelt. Darunter sind Strategien für gerechte und gleiche Rechte für landwirtschaftliche Arbeiter*innen – besonders migrantische Arbeiter*innen – eine staatliche Politik, die Ressourcen (darunter Land, Wasser und indigene Besitzrechte) in die Hände der lokalen Bevölkerung legt, anstatt in die der Unternehmen; Lebensmittelverteilungssysteme, bei denen lokale, nachhaltige Lebensmittel an erster Stelle stehen; das Drängen auf ein völkerrechtliches Abkommen der UN um Unternehmen und Menschenrechte zu regulieren [2]; und Strategien für eine inklusivere Bewegung die marginalisierte Gruppen repräsentiert. Zentral für diese Aktionen ist Agrarökologie, ein radikal lokaler, inklusiver und nachhaltiger Ansatz für Landwirtschaft. [3]

Untypisch für Diskussionen um Ernährungspolitik, wurden auch Krieg und seine Folgen angesprochen, wobei die türkische Delegation angemerkt hat, dass es entscheidend sei, für Frieden einzustehen. [4]

Ali Bulent Erdem von Ciftci-Sen, dem kleinbäuerlichen Gewerkschaftsbund in der Türkei, sagt: “Krieg zwingt Menschen ihre Felder, ihre Häuser, ihre Lebensgrundlage zu verlassen. Die Flüchtlingskrise in der Türkei und Europa ist Folge des Krieges. Als Verfechter*innen von Ernährungssouveränität kämpfen wir für die Rechte von Geflüchteten und heißen sie bei uns willkommen. Es ist entscheidend für den globalen Kampf um Ernährungssouveränität, für Frieden einzustehen.“

In Opposition zu wachsendem Nationalismus in Europa, sind wir aus Ländern von Osten nach Westen zusammengekommen um uns zusammenzuschließen. Mitten in den Verhandlungen um schädliche Freihandelsabkommen, wie den kürzlich unterschriebenen CETA-Vertrag zwischen der EU und Canada, der eine Bedrohung für die Existenz der Kleinbäuer*innen darstellt, halten wir zusammen – mit Ernährungssouveränität im Zentrum unserer Zusammenarbeit.

Was ist Ernährungssouveränität? http://nyelenieurope.net/food-sovereignty
Dieses Jahr wurde das Forum in Europa abgehalten, aber die Bewegung ist global. Die Nyéléni Bewegung kam 2007 in Mali zustande und ist eine globale Bewegung um lokale, demokratische Kontrolle über unsere Lebensmittel zu fördern – Ernährungssouveränität.

Mehr zur Geschichte der Nyéléni Bewegung: http://nyelenieurope.net/nyeleni-history; http://www.foodsovereignty.org/forum-agroecology-nyeleni-2015/

[1] Mehr Informationen und Blogs über das Forum finden sich hier (auf Englisch und Spanisch): http://nyelenieurope.net/blog

[2] Dieses Abkommen ist besonders im Kontext der globalen Macht der Agrarindustrie relevant. Die Stellungnahme von Nyéléni Europa in Befürwortung eines Völkerrechtlichen Abkommens der UN über Unternehmen und Menschenrechte:
http://nyelenieurope.net/news/european-states-must-negotiate-actively-and-constructivelytowards-bindingtreaty

[3] Was ist Agrarökologie? http://www.eurovia.org/main-issue/agroecology-environment/

[4] http://nyelenieurope.net/blog/solidarity-war-and-peasants-rights-solidarity-statements-nyeleniforum

 


Abschluss-Pressemitteilung der deutschen Delegation

* * * 2. Europäisches Nyéleńi-Forum für Ernährunsgsouveränität mit 500 Teilnehmenden in Rumänien zu Ende gegangen * * *

* * * Deutsche Delegation zieht positive Bilanz. Vernetzung soll vertieft werden, Bildungsarbeit und Aktionen geplant * * *

Cluj-Napoca, 30. Oktober 2016

Heute ging im rumänischen Cluj-Napoca das zweite Europäische Nyéléni-Forum zu Ernährungssouveränität zu Ende, bei dem über 500 Delegierte aus 40 Ländern zusammenkamen, um Strategien für ein zukunftsfähiges Ernährungs- und Landwirtschaftssystem zu entwickeln.

„Alle Menschen und Gemeinschaften haben das Recht, selbst zu bestimmen, wie sie sich ernähren wollen. Das umfasst Anbaumethoden, Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu natürlichen Ressourcen – für uns in Europa und weltweit. Dafür müssen wir uns als Zivilgesellschaft zusammentun und die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen einfordern“, so Paula Gioia von der Arbeitsgenscheinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der deutschen Mitgliedsorganisation von La Via Campesina, der weltweiten Kleinbäuer*innenorganisation.

Erzeuger*innen, Konsument*innen, Aktivist*innen in urbanen Bewegungen, Vertre- ter*innen von Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftler*innen, Arbeiter*innen und Gewerkschaftsmitglieder diskutierten sechs Tage lang über Lösungswege auf globaler, europäischer, nationaler und lokaler Ebene. Der inhaltliche Fokus lag dabei auf sechs Themensträngen: Zugang zu Land und Wasser, Rechte von Arbeiter*innen und Migrant*innen im Agrar- und Lebensmittelsektor, bäuerliche Agrarökologie und Saatgut, Alternative Handelssysteme und die Macht globaler Konzerne, Territoriale Märkte und regionale Lebensmittelverteilungssysteme, sowie Gemeinsame Ernährungs- und Agrarpolitik. Exkursionen ins Umland erläuterten die Situation und Konflikte von rumänischen Kleinbäuer*innen.

Die deutschen Teilnehmer*innen des Forums wollen die hier erarbeiteten Konzepte und entstandenen Eindrücke mit der Nyéléni-Bewegung in Deutschland in konkrete Kampagnen und Aktionen umsetzen. Unter anderem sind Protestaktionen zur bevorstehenden BAYER-Monsanto-Fusion und Bildungskampagnen zu Themen wie Agrarökologie und Saatgut geplant. Von den 36 Delegierten waren drei Viertel Frauen, drei Viertel jünger als 35 Jahren und ein Drittel Produzent*innen.

Daniel Rüde, Kleinbauer und Delegationsmitglied aus Hessen: „Die Vielfalt der Perspektiven, Sprachen und Erfahrungen der hier zusammengekommenen Menschen ist beeindruckend und inspirierend. Die Solidarität dieser bunten Bewegung ist überall spürbar, ob beim Diskutieren, beim Abwasch oder beim gemeinsamen Singen. Wir fahren mit einem starkem Gefühl von Verbundenheit nach Hause. Es stärkt uns im Kampf für ein Ernährungssystem mit fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen – und gegen übermächtige Agrarkonzerne oder Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA.“


Das Netzwerk nyeleni.de ist seit 2014 in der Bundesrepublik aktiv und setzt sich als Teil der weltweiten Nyéléni-Bewegung für Ernährungssouveränität ein. Als Plattform unterschiedlicher Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen bezieht sich nyeleni.de in seiner Arbeit auf die Forderungen der Erklärung von Nyeleni aus dem Jahr 2007.

Pressekontakt:
Iris Kiefer, Nyéléni-Delegation aus Deutschland, Tel.: +49176 – 23522052
oder das Nyéléni-Europe-Presseteam: communication@nyelenieurope.net

 


Auftakt-Pressemitteilung der deutschen Delegation

*** Europäisches Ernährungssouveränitäts-Treffen heute begonnen ***

*** 36 Delegierte aus Deutschland beim Nyéléni Europe Forum in Rumänien ***

Cluj-Napoca, 26. Oktober 2016

Das bislang größte europäische Treffen für Ernährungssouveränität begann heute Vormittag in Cluj-Napoca. Etwa 500 Teilnehmende aus 40 Ländern diskutieren noch bis zum Sonntag, wie eine Wiederaneignung des mittlerweile weitgehend durch Konzerne kontrollierten Nahrungsmittel- und Landwirtschaftssystems gelingen kann.

Das zweite Europäische Nyéléni-Forum für Ernährungssouveränität findet vom 26. – 30. Oktober statt und bringt Bäuerinnen und Bauern, Fischer*innen, Viehalter*innen, Gärtner*innen, Landarbeiter*innen, Forscher*innen und Aktivist*innen aus ganz Europa zusammen. Gemeinsam diskutieren sie die Strategien und Kämpfe der in den letzten Jahren in Europa gewachsenen Bewegung, tauschen Erfahrungen und beraten Schritte für eine verstärkte Zusammenarbeit.

Louise Duhan, Delegierte aus Berlin und aktiv bei Slow Food Youth Deutschland, fasst die Herausforderungen so zusammen: „Wir jungen Menschen müssen europaweit zusammenkommen, um unsere Zukunft gemeinsam in die Hand zu nehmen.“

Henrik Maaß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ergänzt: „Die Herausforderungen und Probleme, die ich als junger Landwirt auf der Suche nach Land und Hof zu meistern habe, teile ich mit vielen Menschen auf der Welt. Deshalb bin ich hier, um mit anderen Erzeugenden, aber auch Konsument*innen und Aktivist*innen den Wege hin zu einem ökologisch und sozial gerechtem Ernährungssystem zu ebnen.“


Das Netzwerk nyeleni.de ist seit 2014 in der Bundesrepublik aktiv und setzt sich als Teil der weltweiten Nyéléni-Bewegung für Ernährungssouveränität ein. Als Plattform unterschiedlicher Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen bezieht sich nyeleni.de in seiner Arbeit auf die Forderungen der Erklärung von Nyeleni aus dem Jahr 2007.

 

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Artikel:

2. Europäische Nyéléni-Forum in Rumänien zu Ende gegangen. Pressemitteilung der deutsche Delegation. 31.10.2016

2. Europäisches Nyéléni-Forum in Cluj hat begonnen. Pressemitteilung der deutschen Delegation. 27.10.2016

Ernährungssouveränität nicht nur im globalen Süden. Neues Deutschland. 28.01.2015

Bewegung für Ernährungssouveränität: Wir wollen selbst entscheiden. taz.de. 25.01.2015

Mehr zur Pressearbeit von Nyéléni Europe findet sich hier.